Man könnte glauben, wir wären geflohen - vor der schwarzen Wolkenwand über Kreta und dem Donnergrollen. So war es nicht. Zwölf Tage waren wir auf Kreta, hatten schöne Ausflüge gemacht, unsere Freunde Ursula und Norbert getroffen, die schon seit Jahren auf Kreta leben und gerade in ihr neues Haus in den grünen Hügeln über der Bucht von Chania gezogen waren, hatten dort Walters Geburtstag gefeiert. Nun gab es eine Windvorhersage, dass es zumindest ein bis zwei Tage ohne starken Nordwind gehen sollte, bevor der Meltemi dann richtig anfangen würde zu blasen. Also los! Am 4. Mai verließen wir Kolimbari, wo wir so gut geschützt gelegen hatten. Kurs nach Nordnordwest zur Insel Kythira.
Der Regen von Kreta erwischte uns zwar nicht, dafür aber eine sehr starke Dünung in der Bucht von Avlemonas. Dank der Ankerkralle musste unsere Ankerwinsch zwar nicht leiden, aber wir, denn wir brauchten meist beide Hände zum Festhalten und rollten in der Nacht in der Koje hin und her. Da konnte auch der schöne Abendhimmel die Stimmung nicht wirklich heben.
Wer will das schon zwei Nächte hintereinander und was macht man bei solch einer Dünung vor Anker am Tag, wenn alles hin und her rutscht? Einen wirklich gut geschützten Platz auf Kythira weiter im Norden gab es auch nicht. Also nochmal 20 Seemeilen nach Norden zur Peloponnes - leider gegenan mit viel Motor.
Schon auf der Passage zwischen Kythira und der Bucht von Neapoli am Peloponnes konnten wir die Regenwand sehen, die genau dahin zog, wo wir hin wollten: in den kleinen Hafen von Paleokastro. Da die Sicht schlecht war und wir uns nicht sicher waren, ob nicht die Fähre, die normalerweise in Neapoli anlegt, bei über 30 Knoten Wind stattdessen nach Paleokastro fährt und dann kein Platz für Boote ist, änderten wir unseren Kurs nach West zur kleinen Insel Elafonisos. Auf dem Weg dorthin erreichte uns die Regenwand doch noch. Patschenass fuhren wir vorsichtig in die schöne Bucht von Sarakiniko (immer noch ohne funktionierenden Tiefenmesser) und ließen den Anker vor dem Strand fallen.
Bei schönem Wetter hat dieser Ort ein karibisches Flair. Aber an diesem Abend konnten wir gerade noch sehen, wo die wenigen anderen Segler in der Bucht lagen. Ein schönes Abendrot und eine ruhige Nacht gab’s dann zur Belohnung.
In der Sonne am nächsten Tag konnten wir unsere nassen Sachen trocknen und es gemütlich angehen lassen. Alles wieder gut!