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Zurück am Festland machten wir uns entlang der Küste auf den Weg nach Norden. Keine geschützten Buchten zum Ankern, sehr kleine flache Fischerhäfen, kaum noch ein weiteres Segelboot - davon war unser Weg geprägt.

In Platamonas unterhalb der Olymp-Massivs konnten wir aber dann gut festmachen und unser Boot zweit Tage alleine lassen.

Denn am  Montag kam unser Leihwagen. Wir sind in den Olympus National Park gefahren, zum Endpunkt der Straße, nach Prionia, oberhalb von Litochoro, 1100 m hoch. Von da aus gehen viele Wanderwege los, man muss besser sagen, Kletterstrecken, auf die verschiedenen Gipfel. Der Olymp ist kein einzelner Berg, sondern ein Massiv bestehend aus sieben Gipfeln, der höchste 2917m. 

Bis auf einen sind alle zum Schluss mit heftiger Kletterei verbunden, der vierthöchste Gipfel Skala war unser Ziel. Mytikas ist der höchste, Skolio, Skala, Stefanis, Profitis Ilias sind die anderen.Bis zur Hütte Agapitos Spilio sind es 1000 Höhenmeter, durch grandiose extrem steile Schluchten. Der Weg, besser die Kletterroute, war extrem steil und anstrengend, weil er oft von Felsstufen und Rippen durchbrochen war, wie eine Treppe mit sehr hohen Stufen. Nach viereinhalb Stunden (angegeben waren dreieinhalb) waren wir auf der Hütte, wunderbar, aber äußerst anstrengend, wir waren fix und fertig.

Die Hütte ist vergleichbar mit einer Alpenvereinshütte, alles vorhanden, alles wird mit Mulis hochgeschafft, die wir am zweiten Morgen um sechs gesehen haben. Kein Matratzenlager, sondern Doppelstockbetten, mehrere Schlafräume für bis zu 19 Personen. Große Mengen von Spaghetti Bolognese waren dann abends genau das Richtige, fürs Durstlöschen vorher  ein Bier, zum Essen ein schöner trockener Weißwein. 

Morgens um sechs ging das Neonlicht an, an Schlaf war nicht mehr zu denken. Der Plan war: 800 Höhenmeter auf den Skala, dann die ganzen 1800 Höhenmeter zurück zum Auto. Wieder eine grandiose Hochgebirgslandschaft, Blick auf die verschiedenen Gipfel, wieder extrem steil. Der Skala ist 2816 m hoch, es ging bis zur Waldgrenze an dicken Kiefern vorbei, oberhalb war dann Steinwüste, und wieder sehr steil. 300 Höhenmeter vor dem Gipfel hat Walter dann, auch in Anbetracht es Rückwegs, aufgegeben und ist zu einem wunderbaren Aussichtspunkt zurück abgestiegen, Gisela wollte den Gipfel allein bezwingen. Aber der letzte Anstieg war so steil, dass sie 50m unterhalb auch mit Blick auf den kräftezehrenden Abstieg an einem schönen Platz 50 Höhenmeter ausruhte und dort im Windschatten das grandiose Rundum-Panorama genoß, statt sich weiter oben von dem eiskalten Wind durchpusten zu lassen.

Es ging zurück zur Hütte, ausruhen, eine gute Gemüsesuppe, viel Wasser – dann ging´s bergab. Für den Rückweg haben wir – eigentlich undenkbar für alpine Wege – fünfeinhalb Stunden gebraucht, normalerweise ist der Weg runter halb so lang wie der Aufstieg. 

Es war ein einmaliges Erlebnis – allerdings auch die härteste Bergtour, die wir je zusammen unternommen haben.

Den Felsen, auf dem 2008 eine Szene aus dem ABBA-Musical „Mamma Mia“ für den Film mit Meryl Streep gedreht wurde, haben wir nicht besucht. Aber von der Südspitze des Piliongebirges haben wir vorbei an Skiathos einen Abstecher in die Nördlichen Sporaden zur Insel Skopelos gemacht. Vor drei Jahren waren wir mit unseren Freunden Andrea und Axel schon einmal dort. Dieses Mal wollten wir einen anderen Hafen ausprobieren: Loutraki. Dort gibt es Plätze von Sail Aegean. Wir hatten uns angemeldet. Was wir vorher nicht wussten: Die Fähren machen dort einen erheblichen Schwell und man muss 50 Meter Ankerkette quer durch den ganzen Hafen legen, obwohl es Murings gibt. So ganz haben wir das nicht verstanden, aber Katerina von Sail Aegean wird schon wissen warum. 50 Meter Kette beim Rückwärtsfahren rauslassen und das bei Seitenwind - Mamma Mia! Das ist mit unserem Langkieler schwer. Wir haben es versucht, aber dann aufgegeben und sind drei Seemeilen weiter südlich nach Neo Klima gefahren. Da kam der Wind beim Anlegen von vorne und wir brauchten nur 20 Meter Kette. Alles gut.

In Neo Klima hat sich offensichtlich in den drei Jahren nicht viel verändert, aber doch etwas für Segler ganz Entscheidendes: Die meisten Plätze sind jetzt von Athenean Yachting belegt. Da kann man nicht einfach anlegen wie sonst meist in den griechischen Häfen. Das ist eine Entwicklung, die wir auch in anderen Häfen beobachten. Die großen Charterfirmen „kapern“ die Plätze in den kommunalen Häfen.

Loutraki haben wir dann am nächsten Tag zu Fuß bei einer schönen Wanderung noch einmal besucht.

Inzwischen sind wir bereits wieder am Festland, auf dem Weg nach Norden Richtung Olymp.

In dem kleinen Ort an der Südostecke des Pilion mit vielen Fischerbooten im Hafen sind wir mehrere Tage geblieben. Ein netter Ort, freundliche Menschen, zwei schöne Strände und Wanderwege. Also haben wir unsere Wanderschuhe hervorgeholt und einen mit Beschreibung ausgewiesenen Rundwanderweg gesucht. Das war nicht ganz so einfach, denn bei den Unwettern vor eineinhalb Jahren wurden manche Abschnitte weggespült oder verwüstet. Mit etwas Geduld haben die Runde doch geschafft. Streckenweise war es kein Pfad mehr und wir mussten durch hohes Gebüsch kriechen. Aber vor allem gab es Bäume und Pflanzen satt, Grün in jeder Schattierung. Und die Ausblicke hinüber nach Euböa, Skiathos und Skopelos: einfach toll. 

Durchgeschwitzt vom Laufen dann Schwimmen am schönen Strand (mit Dusche!) und danach ein Bier vom Fass mit Blick auf den Hafen. Schöner kann Urlaub nicht sein! So entspannt sind wir nicht immer, wenn wir mit dem Boot unterwegs sind. Wir haben dann noch eine zweite Wanderung gemacht, auch schön, aber sehr steil. Und es war sehr heiß, sodass wir ziemlich KO wieder unten ankamen.

Hier ein paar Bilder von unseren Landtagen:

Inzwischen sind wir in den Nördlichen Sporaden auf der Insel Skopelos.

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… für unsere Regierung! Seit Jahren sind wir mit unserem Boot in Griechenland unterwegs und bewegen uns dabei an der EU-Außengrenze. Wir haben griechische und türkische Patroullienboote gesehen, die verhindern, dass Boote mit Flüchtlingen in die EU gelangen. Wir haben gestohlene Segelyachten gesehen, mit denen Flüchtlinge von Schleppern transportiert kurz vor der griechischen Küste ausgesetzt wurden. Solche Boote werden dann oft komplett aufgegeben und wenn die Coastguard sie entdeckt, werden sie in den nächsten Hafen geschleppt und an die Kette gelegt. In Kalamata haben wir Flüchtlinge gesehen, die in Zelten untergebracht waren und wahrscheinlich wieder abgeschoben wurden. Und in Leros konnten wir von der Marina aus das große, hell erleuchtete Flüchtlingslager sehen, das aussah wie ein Knast. Ja, wir sind an der EU-Außengrenze und fragen uns, wie es weitergehen soll mit der EU-Flüchtlingspolitik.

Klar ist, dass  Länder wie Griechenland oder Italien besonders gefordert sind, da viele Flüchtlinge hier ankommen. Und dabei erhalten sie wenig Unterstützung von Ländern wie Deutschland, um mit den Menschen, die sich nicht leichtfertig aus ihrer Heimat auf den Weg gemacht haben, einigermaßen würdig umzugehen. Die griechische Coastguard ist bekannt für ihr rabiates Vorgehen.

Wie soll es langfristig weitergehen mit der Einwanderungs- und Asylpolitik der EU? Nur gemeinsam kann es wirksame Lösungen geben, die allerdings nicht auf Abweisung, sondern eher auf Integration abzielen müssen. Unsere derzeitige Regierung macht aber genau das Gegenteil: an der deutschen Grenze abweisen, nicht ernsthaft mit den anderen EU-Staaten an einer für alle tragbare und menschenwürdige Lösung arbeiten. Wo ist da das langfristige Ziel? Wir können es nicht erkennen und schämen uns für unsere Regierung. Wie unterscheidet sich ein Herr Dobrindt von einem Donald Trump, der sich über Recht und Gesetz hinwegsetzt?

Vertreibung, Flucht und Einwanderung hat es immer gegeben. Darüber geben Berichte über den östlichen Mittelmeerraum seit der Antike detailliert Auskunft. Die Frage ist, wie wir in der heutigen Zeit in einem reichen Land wie Deutschland damit umgehen.

Als wir in die Einfahrt des Pagasitischen Golfs (Golf von Volos) fahren, sehen wir Volos schon aus 20 Seemeilen Entfernung. Volos ist eine moderne Handels-, Industrie- und Universitätsstadt. Bei einem Erdbeben 1955 wurden große Teile zerstört und danach im Schachbrettmuster wieder aufgebaut. Die ganze Kulisse bei der Fahrt durch den Golf ist spektakulär, denn die Stadt liegt am Fuß der hohen Pilionberge, an dessen Hängen die Dörfer wie Schwalbennester kleben. Im Stadthafen bei Sail Aegean können wir ein paar Tage festmachen. Das geht nur von Montag bis Freitagmittag, denn am Wochenende sind die Charterboote dort.

Der Sage nach ist Volos die Stadt der Argonauten, die von hier aus mit ihrem Schiff Argo ihre Reise ins Schwarze Meer starteten, um das Goldene Vlies zu stehlen. Die Stadt ist stolz auf ihre Helden. Eine stilisierte Skulptur der Argo steht an der Hafenpromenade und ein Argo-Museum ist in Planung. Im urigen Fischerviertel, das als einziges vom Erdbeben verschont geblieben ist, gibt es viele kleine Tspouradikos, in denen zu jedem Gläschen Tsiporou leckere Mezedes (meist Fisch und Meeresfrüchte) gereicht werden.

Natürlich erkunden wir die Stadt. Für einen Tag fahren wir mit dem Bus in den Pilion, schauen uns Makrinitsa, das „Vorzeigedorf“ oberhalb von Volos an. Zwar ist es grau und kühl, aber der Blick nach unten auf die Stadt und den Golf ist grandios. Auf alten, mit Steinen befestigten Eselspfaden wandern wir umher und bewundern die schönen mehrstöckigen Häuser. 

Am Freitagmorgen müssen wir wieder los, denn jetzt kommen ja die Charterboote. Mit ein bisschen Regen und einem starken Wind vom Berg (Böen um die 40 Knoten) segeln wir nur mit dem Besan (unserem kleinsten Segel) mit bis zu knapp sieben Knoten Speed wieder nach Süden zum Ausgang des Golfs.

In dem kleinen Hafen Agias Kyriaki hatten wir uns bei Kostas angemeldet. Vor seiner Taverna nahm er unsere Leinen an, sodass wir fast vom Boot an den Tisch zum Abendessen springen konnten. Statt einer Liegebühr geht man Essen. Mal abgesehen davon, dass Kostas einer der nettesten und hilfbereitesten Menschen ist, der uns je begegnet ist, waren die Fischsuppe und das Meeresfrüchte-Risotto einfach Spitze. Also, dieser Stopp war ein Highlight!

Am nächsten Tag stiegen wir auf einem mit Steinen befestigten Weg hoch zum Dorf Trikeri. Ein wunderschöner Weg durch viel Grün und mit tollen Ausblicken auf den Golf und hinüber nach Euböa.

Jetzt haben wir inzwischen den Golf verlassen und wieder einen wunderschönen Platz gefunden, den Hafen von Plataniá an der Südostseite der Pilion-Halbinsel. Hier sind viele Fischer und wenige Segelboote. Eines davon, mit einem Paar aus Slowenien, treffen wir nun schon zum dritten Mal. Die Saison hat noch nicht so richtig begonnen, es ist ruhig. Und als wir heute morgen zum Schwimmen an den schönen Sandstrand gehen, haben wir ihn für uns ganz alleine. Morgen wollen noch bleiben und eine Rundwanderung machen, von der wir eine detaillierte Beschreibung haben.

Nein, dieses Treffen haben wir nicht mit Fotos festgehalten. Wir waren viel zu beschäftigt. Als wir gestern mit unserem vom nächtlichen Starkregen frisch geduschten Boot aufbrechen wollten und unsere Ankerkette reinzogen, hatten wir schon die Vermutung, dass das Boot, das gerade neben uns angelegt hatte, seine Kette über unsere gelegt hatte. So war es auch. Normalerweise kann man sich mit einer Hilfsleine schnell vom fremden Anker befreien. Aber dieses Mal machte unsere Ankerwinsch immer wieder schlapp, wenn der Anker vom Nachbar in Sicht kam. Kein Wunder! Es stellte sich heraus, dass an den beiden Ankern noch zwei! weitere Anker hingen. Vier Anker waren ineinander verkeilt. Wir sind zwar stark und haben immer wieder neue Ideen, wie wir unvorhergesehene Probleme lösen können. Aber da ging gar nichts mehr. Hilfe kam im Schlauchboot von zwei der mitbetroffenen Boote. Mit vereinten Kräften versuchten wir, die Anker voneinander zu befreien. Zwischendrin sah es immer wieder so aus, als könnte uns das nicht gelingen. Wir befürchteten auch, dass die beiden tatkräftigen Helfer mit ihrem Schlauchboot kentern oder die Anker das Schlauchboot beschädigen könnten. Aber Aufgeben war ja keine Option. Und schließlich nach knapp einer Stunde war es geschafft. Mit zwei Hilfsleinen und viel Körperkraft waren frei und konnten losfahren. Und die anderen drei Anker konnten wieder friedlich im Hafenbecken von Orei schlummern. Inzwischen sind wir im Stadthafen von Volos, haben keine schlechten Träume von verkeilten Ankern, denn hier gibt es Lazylines (Murings).😊

Nachdem wir uns vom starken Südwind in Karistos und der nächtlichen Brückenpassage in Chalkis im Hafen von Nea Artaki wunderbar ausgeruht hatten, ging es weiter nach Norden zwischen dem Festland (Attika) und Euböa. Hohe Berge auf beiden Seiten, eine eindrucksvolle Kulisse. Wie vor drei Jahren machten wir wieder einen Stopp im Fischerhafen von Loutra Edipsou und weichten unsere Körper in den heißen Quellen ein.

Vom Boot aus konnten wir beobachten, wie die Fischer ihre Boote für die nächtliche Ausfahrt zum Fischen vorbereiteten. Viele der Männer, die auf den Booten arbeiten, kommen aus Ägypten. Da wird vor der Abfahrt dann erst noch der Teppich fürs Abendgebet ausgebreitet. Wir brauchten nicht auf unseren Kompass zu schauen, um zu wissen, wo an diesem Ort Osten ist. Morgens um sieben Uhr (am Sonntag) waren alle Boote wieder zurück und die Styropor-Kisten wurden mit dem Fang vollgepackt. Bei sehr wenig Wind motorten wir dann weiter auf die Nordseite von Euböa, zwischen mehreren kleine Inselchen hindurch, die von den Einheimischen „Griechische Bahamas“ genannt werden. Das konnten wir nachvollziehen.

Was die Menschen, die unterm Sonnenschirm am Strand liegen, nicht merken: Es gibt dort eine starke Strömung. Zum Glück hatte Gisela vorher nicht geschaut, wieviel Knoten die Strömung haben kann. Sonst hätte sie gesagt „Wir fahren außen herum“. Walter hat es verschwiegen, wusste aber: bis zu acht Knoten. Na ja, war gut so. Aber es war heftig: plötzlich lauter Strudel um uns herum, der Bug unseres Bootes wird hin und her gerissen. Da musste die Steuerfrau heftig gegensteuern. Das ging ganz schnell und dann waren wir durch. Dafür kam dann Wind auf, von vorne mit über 30 Knoten und stärker werdender Dünung. Keine Chance, um unter Segeln Höhe zu machen. Also wieder weiterhin Motor. Im kleinen Hafen des geschichtsträchtigen Ortes Oreoi gelang es uns dann, mit Seitenwind entgegen dem Schraubeneffekt nach mehreren Versuchen rückwärts doch noch in eine der letzten beiden Lücken an der Pier „einzuparken“. Wieder mal geschafft.