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Nun sind wir wieder an Bord. Bald geht’s wieder los. Zuerst in den Ionischen Inseln nach Norden Richtung Korfu. Dort kommt Besuch an Bord. Wir werden berichten.

Unser neues Sonnensegel haben wir zu Hause mit zwei zusätzlichen Tüchern ergänzt. Und noch eine Neuanschaffung haben wir mitgebracht: kleine Walky-Talkies, damit wir uns beim Anker-Ausbringen und beim An- und Ablegen nicht mehr so anschreien müssen. 🙂

Aber es gibt auch immer etwas zu reparieren. Unsere elektrische Bordtoilette tut nicht mehr. Also ausbauen. So sieht zurzeit unsere Baustelle im Vorschiff aus. eine der beiden Pumpen ist kaputt.

In der Marina ist es zurzeit sehr ruhig. Es sind nicht viele Leute auf ihren Booten. Und es kommen auch kaum durchreisende Segler in die Marina. Dazu liegt Messolonghi zu weit ab von den gängigen Routen. Und die Marina-Bar hat für eine Woche zu.

Wir besuchen unsere Freunde Pat und Tony, die wir hier vor fast vier Jahren als Segler kennengelernt haben. Sie haben ihr Boot verkauft und wohnen nun in einem Olivenhain in den Hügeln etwas außerhalb von Messolonghi in einem Haus, dass sie sich sehr schön hergerichtet haben.

Wahrscheinlich hätte unser Boot den Weg von der idyllischen Petalas-Bucht, in der wir zwei Nächte geankert haben, auch ohne uns nach Messolonghi gefunden. Schließlich ist das viele Jahre Aglayas Heimathafen gewesen. Nach knapp zwei Jahren kehren wir nun dorthin zurück, erst um die bizarre Insel Oxia herum in den Golf von Patras, dann entlang am flachen Schwemmland und den Lagunen und schließlich in den Kanal von Messolonghi. Auch für uns ist es ein besonderes Gefühl, wieder hier einzulaufen. Wer ist noch da von denen, die wir hier kennen? Und wie geht es den anderen Seglern aus unserem Bekanntenkreis? Was haben sie erlebt? Und natürlich: Ist es im Sunset, der Marina-Bar, immer noch so nett wie vor zwei Jahren?

Wir werden herzlich und fröhlich empfangen. Unsere Freunde Angela und Walter sind da, als wir anlegen - übrigens auf genau dem Platz, auf dem wir vor zwei Jahren lagen. Auch die beiden Murings gehen immer noch komisch schräg ins Wasser. Da hat sich wohl nichts getan und wir müssen versuchen, unser Boot so gut wie möglich festzumachen. Schließlich wollen wir es für knapp zwei Monate hier alleine lassen.

Am Abend sitzen wir zu sechst im Sunset und erzählen alle von unseren Erlebnissen. Ein schönes Wiedersehen! Nicht nur Aglaya fühlt sich hier zu Hause, wir auch.

Bevor wir am 29. Juni die Heimreise antreten, gibt es noch einiges zu tun: Boot reinigen, aufräumen, Wäsche waschen, alles an Bord gut versorgen und jemanden finden, der unsere elektrische Bordtoilette reparieren kann, das Sommercover vorbereiten. Aber wir haben auch wieder unsere Fahrräder ausgepackt. Vielleicht schaffen wir es ja, vor unserer Abreise noch einen Ausflug an den Golf zu machen.

Gegenüber von den Ionischen Inseln Kefallonia und Ithaka, am südlichen Teil der westgriechischen Festlandsküste, beginnt eine eigenartige Landschaft, kurz vor dem Zugang zum Golf von Patras. Sie entspricht so gar nicht dem Klischee von den lieblichen griechischen Inseln oder überhaupt der Mittelmeerlandschaft. Im Hintergrund hohe karge Karst-Berge, davor zum Meer hin riesige Schwemmland-Ebenen der Flüsse Acheloos und Evinos. Es sind sehr fruchtbare Ebenen, Wein, Oliven, Gemüse, Obst werden hier intensiv angebaut - früher übrigens auch Baumwolle. Zwischen den Ebenen und dem Meer erstreckt sich eine riesige Lagunenlandschaft, nur von wenigen Fischern in Wellblechhütten bewohnt. Die kleinen Hütten stehen direkt am Wasser, teilweise bewegen sich ihre Bewohner nur mit Booten fort. Land und Meer sind hier von Ferne kaum zu unterscheiden. 

Die Lagunenlandschaft steht teilweise unter Naturschutz, hier leben Flamingos, Pelikane und viele seltene Tierarten. Das brackige Wasser ist teilweise nur wenige Zentimeter tief. Deshalb wird weiter östlich in Messolonghi (italienisch: Mezza Laguna) in riesigen Flachwasserbecken Salz in großem Umfang gewonnen, das beste Griechenlands. 

Schon in der Antike war das Gebiet dicht besiedelt und wohlhabend, hier wurden Schiffe und Soldaten für den trojanischen Krieg gestellt, man kann in Oinadeon noch eine antike Werft besichtigen. Oberhalb von Messolonghi wird die antike Stadt Plevrona mit damals 20.000 Einwohnern ausgegraben. 

Kultur- und Naturlandschaft, Land und Meer fließen hier eindrucksvoll ineinander.

Wir segeln zwischen den Ionischen Inseln (Kefallonia, Ithaka, Zakynthos und viele kleinere) und dem griechischen Festland. Die Inseln haben zum Teil hohe Berge, die kleinen sind kegelförmig, fast alle sind grün. 

Wir bewegen uns wie auf einem riesigen Alpensee, überall wo man hinschaut, Berge. Es gibt zwischen den Inseln und dem Festland viele kleine gemütliche und geschützte Ankerplätze und Buchten, aber auch Häfen wie Astakos gegenüber Ithaka oder Poros auf Kefallonia.   Die Entfernungen zwischen den vielen möglichen Plätzen sind nicht besonders groß, teilweise unter 10 Meilen, so dass man morgens nicht so früh los muss und abends immer noch einen Platz im Hafen oder in einer Bucht zum Ankern findet. Und die Tavernen in den Häfen lassen auch keinerlei Wünsche offen - und Fisch zum selber kochen oder braten gibts auch direkt vom Fischer.

Eine ganz wunderbare (Wasser-) Landschaft, entspanntes Segeln, und endlich ist der Sommer da - was will man mehr?

Und hier noch ein abendlicher Blick vom Ankerplatz in der Bucht von Astakos

Wir hatten ja schon vermutet, dass das mehrere Wochen lang stabile Hoch über Mitteleuropa dazu geführt hat, dass alle Tiefs daran vorbei in den Mittelmeerraum ziehen. Unbeständiges, eher kühles Wetter mit viel Regen und Gewitter - das ist im Mai und Juni in Griechenland eher ungewöhnlich. So hatten wir bisher unsere warme Kleidung noch nicht weggepackt.

Und jetzt wissen wir es genau: Die Omega-Wetterlage hat uns diese Schlechtwetterphase beschert: in Mitteleuropa ein beständiges Hoch und im Westen und Osten Tiefdruckgebiete. Normalerweise wandern die Wettersysteme, die für Griechenland relevant sind, von Nordwesten nach Südosten. Das Hoch über Mitteleuropa hat diese Bewegung blockiert. So konnten wir feststellen, dass die Temperaturen bei uns zu Hause in Deutschland häufig höher waren als bei uns am Peloponnes und im Ionischen Meer. Und unsere Freunde zu Hause haben uns schon um den Regen beneidet, weil es bei ihnen viel zu trocken war. Zuletzt haben wir auf Ithaka in Vathy drei besonders ungemütliche Tage verbracht: Dauerregen mit Gewittern und Starkwind. Die meiste Zeit haben wir unser Boot bewacht.  

Und warum Omega? Das Strömungsfeld um die beiden Tiefs und das Hoch sehen auf der Wetterkarte aus wie der griechische Großbuchstabe Ω. 

Inzwischen sieht die Wetterkarte anders aus. Das Omega ist verschwunden. Wir konnten bei Sonne und tollem Segelwind ans Festland nach Astakos segeln. Jetzt wird es jeden Tag wärmer, sodass wir immer häufiger unser Sonnensegel auspacken. 

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Irgendwann muss man die Leinen wieder losmachen, sonst erwischt einen das Poros-Syndrom (siehe Blogeintrag vom 24. Mai). Also haben wir am 8. Juni die einsame Marina von Argostoli verlassen. Und mit welchem Ziel? Poros - aber nicht das Poros im Saronischen Golf, nach dem wir das Syndrom benannt haben, sondern das kleine Poros auf der Ostseite von Kefalonia. Dort wurden wir von Spiros, dem energischen, fitten, netten und humorvollen Hafenmeister direkt an den neuen Schwimmsteg dirigiert, der in den Hafenführern und in Navionics noch gar nicht eingezeichnet ist („I want to see your beautiful money.“ heißt: Hafengebühr bezahlen). Obwohl hier mehrmals am Tag die große Fähre von Kyllini anlegt, ist es ein netter, ruhiger Ort mit einem ewig langen Kiesstrand.

Aber wie Odysseus damals wollten wir weiter, nach Ithaka. Wir mussten nicht wie er, der damals von Troja aus dorthin zurück wollte, zehn Jahre lang herumirren. Nur wenig mehr als 20 Seemeilen und wir waren da. Wir wollten in die Bucht von Vathy, dem Hauptort der Insel. Überraschung: draußen eher schwachwindig und bei der Einfahrt in die Bucht Wind mit Böen bis zu 40 Knoten. Kein guter Ankerplatz frei, die Pier voll. Da sind wir geflüchtet, wieder einige Seemeilen zurück nach Süden in die schöne und gut geschützte Ankerbucht Filiatro. Dort konnten wir gut vor Anker liegen, die Ruhe und die tolle Szenerie geniessen und ausgiebig im klaren türkisfarbenen Wasser schwimmen .

Wir konnten hier dann aber auch feststellen, dass gerade die Hochsaison begonnen hat. Hatten wir bisher nur vereinzelt Charterboote gesehen, kamen sie jetzt in immer größerer Zahl. Im Hafen von Vathy, das wir dann zwei Tage später bei ruhigem Wetter doch angelaufen haben, fühlten wir uns endgültig in die Hochsaison katapultiert. Wie an einer Perlenkette laufen hier die Boote ein, davon viele Katamarane. Die langen Piers sind schon ab dem frühen Nachmittag voll. In der Bucht wird fleißig geankert. Nach der Rushhour auf die freien Liegeplätze an der Pier können wir Katamarane mit mindesten zehn halbnackten jungen Männern mit suboptimaler Figur und schlechtem Musikgeschmack bewundern. Na ja, die haben eine Woche Urlaub, da muss was abgehen. Wir sind in Rente und haben Zeit. Aber vom Ästhetischen her gesehen empfinden wir Manches doch als Zumutung. Also: Wir sind in der Hochsaison in den Ionischen Inseln angekommen. Ist für uns gewöhnungsbedürftig.

Trotzdem: Es ist wunderschön hier. Und es gibt immer wieder nette Begegnungen mit anderen Seglern. Und schöne Ankerplätze werden wir auch weiterhin immer wieder finden.         

Trotz dieser ganzen Schönheit, die wir hier jeden Tag genießen dürfen, ist uns bewusst, dass offensichtlich die griechische Küstenwache, was Flüchtlinge betrifft, wohl in der EU eine der schlimmsten und unmenschlichsten ist. Wir sind entsetzt über den Tod so vieler Menschen bei dem Bootsunglück südlich des Peloponnes.