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In Kos haben wir zwei Tage Zeit, bis unsere Freundin Claudia an Bord kommt. Wir haben die türkische Küste vor Augen und entscheiden uns, einen Tagesausflug dorthin zu machen. Unser Boot lassen wir liegen, da der Meltemi mit bis zu 7 bft kräftig bläst. So steigen wir mit vielen anderen Touristen auf eine der kleinen Fähren, die nach Bodrum hinüber fahren. Dass wir dabei in einen regelrechten Massenbetrieb geraten, hatten wir uns nicht vorgestellt. Ausreise aus Griechenland, Einreise in die Türkei, lange Schlangen bei der Passkontrolle, alles etwas chaotisch. Und dann in Bodrum noch die Gäste von zwei großen Kreuzfahrtschiffen, die vor uns durchgeschleust werden. Die Überfahrt dauerte eine knappe halbe Stunde, das Drumherum aber eineinhalb Stunden. Na ja, auch das ist eine Erfahrung.

Von Bodrum heißt es, es sei das Saint Tropez der Türkei. Die Stadt ist allerdings viel größer, vom Massentourismus geprägt und rund um den schönen alten Stadtkern zugebaut mit hässlichen Hotelburgen und Feriensiedlungen. Trotzdem: Der Stadtkern mit seinen überdachten Gassen, die lange Hafenpromenade entlang der beiden Buchten, in denen viele interessante Boote vor Anker liegen, und das Kastro haben uns gut gefallen. Vom Kastro können wir die ganze beeindruckende Szenerie rundum überschauen. So war unsere Stippvisite in der Türkei trotz Massenbetrieb doch eine gute Idee.  

Nun sind wir wieder an Bord und inzwischen liegen wir bei bis zu sieben Windstärken draußen zwischen der Nordostspitze von Kos und dem türkischen Festland bei Bodrum in der Marina von Kos. Unsere zweimonatige Sommerpause zu Haus war gefüllt mit vielem, was uns auch Spaß macht: Musik machen, Freunde treffen, Mutter besuchen, „Wahlenkel“ betreuen, Wandern im Pfälzerwald und die ein oder andere Rieslingschorle trinken. Allerdings ist es uns nicht gelungen, der Sommerhitze zu entkommen. Zu Hause war es zeitweise heißer als in der Ägäis.

In der Nacht zum 31. August sind wir in der Marina von Leros/Lakki wieder an Bord von Aglaya geklettert. In den ersten zwei Tagen standen erst einmal Wartungsarbeiten am Motor an und wir haben Aglaya wieder segelfertig für die Weiterreise gemacht. In diesen Tagen wurde uns wieder einmal deutlich, dass sich manche Orte erst wirklich erschließen, wenn man ein paar Tage dort ist und sich Zeit nimmt. So ist auch in Lakki für uns allmählich ein bisschen von einem „Zuhause-Gefühl“ entstanden. Dazu gehören Rituale, die sich allmählich oder machmal auch ganz schnell entwickeln. In Lakki war es das abendliche Bier in Mariettas Bistro am Hafen - natürlich Mythos frisch gezapft vom Fass.

Unser Plan war, am 2. September nach Süden aufzubrechen mit ein oder zwei Stopps auf der Insel Kalymnos, um dann am 6. September auf Kos zu sein. Dort kommt eine Freundin an Bord. Nachdem die vergangenen Tage von feuchtem, schwülwarmem Wetter ohne Wind geprägt waren (nachts unter Deck bis zu 28 Grad), kündigte sich der Meltemi an - von Sonntag bis Mittwoch Starkwind aus Nord. Da braucht es auf Kos einen sicheren Liegeplatz. Aber in Kos Marina und im Stadthafen war alles voll. Also beschlossen wir, vorerst auf Leros zu bleiben und kündigten unserer Freundin schon mal an, dass sie dann mit der Fähre von Kos nach Leros kommen muss. Aber dann die Überraschung: Uns wurde für Sonntag ein Liegeplatz in der Marina Kos zugesagt.

Also Abschied von Leros, der vielfältigen Insel, die uns wirklich gut gefallen hat. Der auffrischende Wind aus Nordost zwischen 20 und 30 Knoten mit einer Dünung von ca. 1,5 oder manchmal 2 Metern (das können wir immer nur schwer schätzen) blies uns innerhalb von 6 Stunden immer entlang der griechisch-türkischen Grenze nach Kos. Wir hatten nur die Genua gesetzt und machten immer 5-6 Knoten Fahrt. Ein schöner erster Segeltag nach der Sommerpause. Vor der Marina Kos mussten wir noch ein bisschen kreiseln bis wir in den Hafen geleitet wurden. Nun liegen wir sicher und können gelassen auf die Windanzeige schauen, die bis zu 33 Knoten anzeigt.

Video: Rauschefahrt mit Achterbahneinlagen

Video: Entlang der Ostseite von Kalymnos

Video: Entlang der griechisch-türkischen Grenze

Nachdem wir auf Aglaya alles gut festgezurrt haben, sind wir am 4. Juli mit der Fähre von Leros nach Kos gefahren und von dort aus nach Hause geflogen. Aglaya bleibt in der Marina von Leros. Wir hoffen, dass wir sie am 30. August wohlbehalten wiedersehen.

Wir freuen uns auf schöne Sommerwochen zu Hause in Heidelberg und das Wiedersehen mit Familie und Freunden.

Damit wir nicht nur die Marina kennenlernen, haben wir uns für einen Tag ein Auto geliehen, um die Insel zu erkunden. Wir sind erstaunt, wie schön die Insel ist, die von See aus so karg aussieht. Buchten, die sich auch zum Ankern gut eignen, schöne Badestrände. Und jeder Ort ist anders. Wir steigen von Agia Marina zum Kastro hinauf, schauen aus der Bucht von Pandeli zu den Windmühlen und besuchen die kleine Krabbenkirche im Süden der Insel. Sie ist direkt am Meer in den Fels hinein gebaut. Hier einige Bilder von unserer Inselrundtour:

Lakki, der größte Ort auf der Insel, an dessen Rand sich unsere Marina befindet, fällt architektonisch aus dem Rahmen. Die Italiener hatten von 1913 bis 1943 die Insel besetzt und Lakki als Militärstützpunkt genutzt. In dieser Zeit haben sie den Ort im Art Deco-Stil der 20er und 30er Jahre neu erbaut. Davon ist noch viel zu sehen. Allerdings sind nur wenige Gebäude gut erhalten.

Als wir über die Geschichte der Insel nachgelesen haben, waren wir betroffen davon, wie sie für verschiedene Zwecke immer wieder „mißbraucht“ wurde: Obwohl sich die Insel am griechischen Befreiungskampf beteiligt hatte, wurde sie wieder dem Osmanischen Reich zugesprochen. Nach dem italienisch-türkischen Krieg italienische Besatzung (die ganze Insel wurde zu einem Waffenlager), Militär- und Flottenstützpunkt der Italiener, Besatzung durch die Briten nach dem zweiten Weltkrieg. 1948 wurde sie in den griechischen Staat integriert.

Leros ist auch lange Zeit ein Verbannungsort gewesen: erst Leprastation, später während der Diktatur 1967-1974 Internierungslager für politisch Andersdenkende und Umerziehungslager für die Kinder von Kommunisten. 1957 wurde hier die größte psychiatrische Klinik Griechenlands eingerichtet, in der Menschen unter unwürdigen Bedingungen eingesperrt waren. Ab den 80er Jahren setzte sich die EU für qualifizierte Behandlungsmethoden ein.

Seit 2008 gibt es auf Leros ein Lager für geflüchtete Menschen, viele Jahre war es überfüllt. Jetzt wohl nicht mehr. Und heute? Wir können das Lager von unserem Bootsliegeplatz aus sehen. Es ist eingezäunt und nachts hell erleuchtet. Wir finden keine Informationen darüber. In der Stadt sehen wir keine Flüchtlinge. Von den Touristen soll sie offensichtlich fern gehalten werden. Aber sie sind trotzdem da. Und was tut die EU?

Es gibt eben nicht nur das Segeln, schöne Buchten und pittoreske Dörfer. Leros hat viele Gesichter, nicht nur schöne.

„Ein Tief über Taurus ändert sich kaum.“ Das sagt uns der Seewetterbericht seit Tagen. Und so soll es auch in den nächsten Tagen bleiben. Ein Tief über Taurus zusammen mit einem Hoch über der Türkei bewirken den starken Nordwind Meltemi in der Ägäis. Normalweise bläst er im Juli und August am stärksten. Jetzt haben wir ihn schon gegen Ende Juni. Im Hafen von Lipsi bläst er uns ins Cockpit und der entstehende Schwell lässt unser Boot heftig schaukeln - auch nachts. Das zerrt etwas an unseren Nerven.

Da der Wind in den nächsten Tagen noch stärker werden soll, beschließen wir, schon ein paar Tage früher in die Marina nach Leros zu fahren. 15 Seemeilen bei starker Dünung - nach drei Stunden empfängt uns Marinero Jannis mit dem Schlauchboot schon vor der Einfahrt in die Marina und geleitet uns zu unserem Liegeplatz. „Please give me the mooring“, sagt Gisela, nachdem sie beide Vorleinen festgemacht hat. „It‘s already fixed in the back,“ sagt der Marinero. Er hatte vom Schlauchboot aus Walter, der am Ruder stand, die Muringleine direkt in die Hand gegeben. Toller Service! Hatten wir bisher noch nicht. Allerdings sind die Boote an diesem Steg so eng gepackt, dass wir unsere Fender nur mit viel Kraftaufwand ausbringen können. Da muss sich noch etwas ändern.

Nun sind wir seit zwei Tagen im Sommerquartier für unser Boot, der Leros Marina Evros in Lakki. An das Marina-Flair müssen wir uns nach so vielen kleinen Stadthäfen und Ankerbuchten erst wieder gewöhnen. Aber eine warme Dusche und eine Waschmaschine sind auch nicht zu verachten.

Schon bei der Einfahrt in die Marina hatten wir Volpert und Anja auf ihrem Boot gesehen. Wir wussten, dass wir uns hier sehr wahrscheinlich treffen werden. Mit Volpert sind wir vor ungefähr 25 Jahren zusammen gesegelt. Ein schönes Wiedersehen nach langer Zeit. Jetzt bleiben uns einige Tage, um unsere Abreise am 4. Juli vorzubereiten. Und Walter kann seinen Rücken kurieren, der beim Austausch der schweren Batterien auf Skyros gelitten hat.

Der Wind bläst seit gestern mit über 30 Knoten aus Nordwest. Wir liegen im Hafen der kleinen Insel Lipsi. Da die Innenseite der Pier inzwischen voll belegt ist, versuchen nun Boote, die vor dem noch stärkeren Wind draußen auf offener See geflüchtet sind, an der Außenseite anzulegen - ein sehr herausforderndes Manöver, das den meisten nicht beim ersten Versuch gelingt. Der Buganker braucht sehr viel Kette und muss sofort halten, das Boot darf nicht quer schlagen und auf die Pier gedrückt werden. “Hafenkino” für diejenigen, die schon fest liegen, so sagt man manchmal. Aber das hier ist kein Vergnügen. Mancher dreht wieder ab und sucht sich eine Bucht zum frei Ankern.

Wir sind vorgestern von Patmos bei schönem halbem Wind herübergesegelt. Das war ein Vergnügen. Dann kam der Meltemi. Zwar bläst uns nun der starke Wind direkt ins Cockpit und es gibt keinen lauen Sommerabend an Deck. Aber wir liegen gut, der Anker hält und wir haben unsere schweren Leinen mit den Ruckfendern nach hinten ausgebracht, um die Klampen zu schonen. 

Es ist keine Strafe, bei Meltemi hier festzuliegen. Lipsi ist eine schöne kleine Insel mit Landwirtschaft, Weinbau und Fischfang. Hier geht es ganz beschaulich zu. Beim Wandern sehen wir Buchten mit schönen Stränden, unzählige blauweiße Kirchlein, und wir haben auf den Höhen immer wieder weite Ausblicke auf die vielen kleinen umliegenden Inseln. Auch nach Leros, unserem nächsten Ziel, können wir herüberschauen.

Manolis, in weißer Kochweste, kommt mit seiner kleinen Tochter auf die Pier und überreicht uns die Speisekarte von seinem Restaurant im Ort. Da sehen wir sehr interessante Gerichte drauf, so zum Beispiel „Grilled vegetables with honey vinaigrette“ oder „Tenderloin stuffed with dried tomatoes and cheese“. Da können wir nicht widerstehen und gehen an einem Tag zu „Manolis Tastes“ zum Abendessen. Einfach köstlich!

Beim Wandern entdecken wir Dimitris Farm. Hier betreibt der Sohn von Dimitris, Kostas, ökologischen Land- und Weinbau. Wir erzählen ihm, dass wir auch aus einem Weinanbaugebiet kommen und dass dort durch den Klimawandel inzwischen ganz andere Rebsorten angebaut werden können und die Weinlese immer früher beginnt. Das sei auf Lipsi auch so, berichtet er. Früher hätte die Weinlese gegen Ende August begonnen, jetzt schon im Juli. Wir probieren seinen Wein, den er ohne den Einsatz von Herbiziden anbaut und ohne Schwefelzusatz beim Keltern. Der stärkste, den wir probieren, hat 16 Alkoholprozent. Wir nehmen zwei Flaschen mit und nehmen uns vor, ihn nur in kleinen Mengen zu trinken. Auf Dimitris Farm treffen wir auch drei junge Frauen aus Deutschland an. Sie machen hier einen vierwöchigen Freiwilligendienst zur Unterstützung in der hiesigen Landwirtschaft.

Zurück auf unserem Boot bläst der Wind unvermindert und wir fragen uns, ob wir morgen wie geplant unseren letzten Schlag nach Leros ins Sommerquartier für unser Boot machen können.

Mehr Bilder von Lipsi:

Wir schauen vom Hauptort der Insel Patmos, der Chora, über eine zerklüftete Inselwelt und können uns gut vorstellen, dass es hier in einem früheren Erdzeitalter einen Vulkan oder auch mehrere gab. Die Spitzen ragen heute aus dem Meer - eine versunkene Caldera, eine schöne Insel mit vielen Landzungen und wunderschönen Ankerbuchten.

Der Rundblick reicht aber auch bis zu den umliegenden Inseln: Arki, Lipsi (da wollen wir als nächstes hin), Leros (unser Liegeplatz für die Sommerpause lässt sich im Dunst erahnen), nach Norden die Phournoi-Inseln und Samos, nach Westen Ikaría (von dort sind wir gekommen).

Video: Rundblick

Über der Chora von Patmos thront das große Johannes-Kloster, eine der wichtigsten Wallfahrtsstätten der griechisch-orthodoxen Kirche. Das zieht nicht nur Gläubige an, sondern auch ansonsten viele Touristen.

Wir laufen auch zu den drei Windmühlen auf dem Chora-Hügel. Die Flügel drehen sich im Wind. Sie sehen viel schöner aus als die modernen Windräder. Früher brachten die Bauern ihr Getreide zum mahlen dorthin.

Video

Wir liegen mit unserem Boot in Patmos Skala, dem Hafenort. Hier ist viel los. Fähren kommen, viele Segelboote, auch große exclusive Kreuzfahrtsegler wie zum Beispiel das Club-Med-Schiff, das wir auch schon in Saint Tropez gesehen haben. Der Hafenort Patmos Skala mutet ein wenig orientalisch an. Ja, wir sind ja auch nicht mehr weit weg vom Orient. Und in der wechselvollen Geschichte der Inseln in der östlichen Ägäis gab es ja auch Zeiten der osmanischen Vorherrschaft.

Mit dem Bus fahren wir zur Ormos Grikou, einer total geschützte Bucht mit imposantem Felsen. Hier gibt es Ankerbojen, die am Abend alle belegt sind, und schöne Badestrände. Der Sommer hat begonnen, es ist schon richtig heiß. Da lässt es sich im Schatten unter den Bäumen am Strand gut aushalten. Das Wasser ist glasklar und nicht mehr so kalt wie vor ein paar Wochen. Bevor uns der Bus zurück zu unserem Boot bringt, trinken wir in einer der Strandtavernen noch ein kühles Bier vom Fass. Ormos Grikou: eine Idylle.

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