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Irgendwann muss man auch den schönsten Ankerplatz verlassen. Die Segel wollen hochgezogen werden und es braucht ein neues Ziel. So ziehen wir schon vor Anker in der Bucht vor Elafonisos das Großsegel und den Besan hoch und motoren dann langsam aus der Ormos Sarakiniko hinaus mit Ziel Porto Kagio. Also: Es geht über den Lakonischen Golf. Lakonisch heißt „kurz angebunden“ oder „ kurz gesagt“ (König von von Makedonien: „Wenn ich euch besiegt habe, werden eure Häuser brennen, eure Städte in Flammen stehen und eure Frauen zu Witwen werden.“ Darauf die Spartaner: „Wenn!“). Für uns heute kurz gesagt und zum Glück gar nicht kriegerisch: „Hatten wir gleich schönen Wind?“ „Nein!“ Also Geduld bei der Suche nach dem Segelwind. Aber bald können wir auch die Genua ausrollen und segeln wie auf Schienen zwischen vor Anker liegenden Frachtschiffen mit Vollzeug auf die Halbinsel Mani zu.

Wie schön! Vor der Bucht von Porto Kagio bergen wir die Segel und ankern dann erst einmal ganz allein vor dem kleinen Ort, in dem es inzwischen fast mehr Wohnmobile als Segler gibt. Später kommen noch einige Boote dazu. Eigentlich wollten wir hier an Land gehen, da unsere Essensvorräte allmählich zur Neige gehen. Aber wir sind uns nicht sicher, ob der Anker bei den Windböen vom Berg hält. Also Tomatensauce mit Reis. Nachts dreht der Wind auf Ost und es gibt heftige Böen. Wir kommen mit unserem Heck recht nah an Land, obwohl der Anker hält. Eine kleine Boje, die an unser Heck anklopft, weckt uns dann richtig auf. Da wir wegen der Enge in der Bucht und den Nachbarbooten wenig Kette stecken konnten, können wir jetzt auch keine Kette einholen. Also sicherheitshalber nochmal den Anker neu platzieren. Das klappt auch bei Dunkelheit gut. Dann ist alles OK und wir können am nächsten Morgen gemütlich unseren Kaffee im Cockpit trinken, die schöne Umgebung mit Manidorf, Felshöhlen und Bergen anschauen und dann wieder losfahren.

Vor der Bucht von Porto Kagio können wir gleich die Segel setzen. Da wir um das Kap Tenaro wollen und nicht wissen, wie der Wind dahinter sein wird („Don‘t trust an App!“, Zitat von unserem Freund Mats aus Messolonghi) ziehen wir nur die Genua und den Besan hoch. So kreuzen wir schön um das Kap.

Und dass wir nicht noch das Großsegel hochgezogen haben, stellt sich etwas später als gute Entscheidung heraus. Wir segeln um das Kap, denken, dass wir so gemütlich bis in die ausgewählte Ankerbucht „Ormos Limeni“ segeln können. Aber kurz nördlich von dem Ort Gerolimenias an den steilen Felsen vom Kap Lipoula brist der Wind plötzlich stark auf und es kostet trotz gereffter Genua richtig Kraft, unser luvgieriges Boot auf Kurs zu halten. Ostwind, der über die hohen Berge hinunter saust. Kurz vor unserer auserwählten Ankerbucht für die Nacht sind wir bei Böen von 40 Knoten, die auch in der Bucht weiterhin blasen. Eine einigermaßen ruhige Nacht können wir uns hier nicht vorstellen. Don‘t trust an App, wie wahr. Regionale Bedingungen kann solch eine App nicht vorhersagen. Die sagt nämlich, dass wir über Nacht maximal 23 Knoten Wind in Böen haben werden. Mit soviel Wind haben wir hier schon mal übernachtet. Aber 40 Knoten! Muss nicht sein. Also nochmal zwei Stunden drangehängt, weiter nach Norden.

Da finden wir dann ein kleines Paradies. Ankern in der Bucht von Kardamili vor den Felsen und dem Strand von Kalamitsa. Windstille, Ruhe, klares Wasser, rote Felsen, grüne Berghänge mit Zypressen bewachsen. Und nach dem zweiten Versuch, den Anker so zu platzieren, dass er nicht an einem Stein hängen bleibt oder die Ankerkette sich beim Schwojen um die Felsen wickelt, haben wir den richtigen Sandflecken gefunden und schlafen nach dem letzten Essen aus unseren Vorräten selig ein.

Und dann wieder Kalamata. Da segeln wir am nächsten Tag hin. Hier hat Aglaya den vorletzten Winter an Land verbracht und das Unterwasserschiff hat ein Refit erhalten. Wir liegen für ein paar Tage in der Marina, können mal wieder richtig schön warm duschen, Wäsche waschen, Boot sauber machen, alte Bekannte wiedersehen, leckere Sachen zum Kochen einkaufen. Und mal sehen: Vielleicht finden wir ja auch jemanden, der unseren Tiefenmesser wieder flott bekommt. Und natürlich sagen wir Hallo zu unserem Mechaniker vom vorletzten Winter, Herrn Vardakas, der so alt ist wie wir, und nicht aufhören will zu arbeiten, weil er es einfach gerne macht. Ein schönes Wiedersehen!

Unsere Baumfock ist uns zwar auf dem Vorschiff oft im Weg, aber sie ist ein äußerst praktisches Segel. Im Weg sein heißt vor allem, dass wir unsere Genua bei jeder Wende einrollen müssen, damit sie am Vorstag der Baumfock vorbei kommt. Bei sehr schwachem Wind können wir auch auf das Einrollen verzichten und die Genua vor dem Baumfockvorstag herüber tragen. Bei Starkwind ist die Baumfock aber sehr hilfreich, denn das Segel ist viel kleiner als die Genua und sie wendet automatisch. So können wir bei starkem Wind mit Baumfock und Besan gut segeln, ohne dass jemand aus dem Cockpit heraus muss, um die Segel zu bedienen. 

Seit wir mit unserem Boot unterwegs sind, ist Walter mit der Baumfock beschäftigt. Sogar in der Winterpause zu Hause. Wahrscheinlich träumt er zuweilen von ihr. Warum? Wir schaffen es nicht, das Achterliek optimal zu spannen. Die Leine, die das Achterliek spannen soll, ist durch den Baum geführt. Vorne im Baum ist eine Klemme, die die Leine halten soll, wenn das Achterliek straff gezogen ist. Die Klemme macht aber nicht, was sie tun soll. Sie klemmt nicht. Also ist das Achterliek bisher immer nicht optimal gespannt. Eine neue Klemme einbauen? Schwierig ohne Spezialwerkzeug. Walter hatte im letzten Jahr die Leine zum Spannen schon außer Betrieb genommen und stattdessen das Liek immer mit einem Gurt gespannt. Auch nicht optimal. Das klingt nach einer Never-ending-Story.

Liegt man mal in Ruhe vor Anker, kann aber nicht schön Schwimmen gehen, weil das Wasser noch so furchtbar kalt ist und der Wind bläst, kommen einem viele Ideen. So auch Walter mit der Baumfock. Jetzt hat er einen Flaschenzug an Baum befestigt. Sieht etwas unkonventionell aus, aber einmal Ziehen und das Achterliek ist gespannt.

Wir sind gespannt. Ist das jetzt die gute Lösung? Oder geht die Geschichte mit Walter und der Baumfock noch weiter? Wir werden berichten.

Man könnte glauben, wir wären geflohen - vor der schwarzen Wolkenwand über Kreta und dem Donnergrollen. So war es nicht. Zwölf Tage waren wir auf Kreta, hatten schöne Ausflüge gemacht, unsere Freunde Ursula und Norbert getroffen, die schon seit Jahren auf Kreta leben und gerade in ihr neues Haus in den grünen Hügeln über der Bucht von Chania gezogen waren, hatten dort Walters Geburtstag gefeiert. Nun gab es eine Windvorhersage, dass es zumindest  ein bis zwei Tage ohne starken Nordwind gehen sollte, bevor der Meltemi dann richtig anfangen würde zu blasen. Also los! Am 4. Mai verließen wir Kolimbari, wo wir so gut geschützt gelegen hatten. Kurs nach Nordnordwest zur Insel Kythira. 

Der Regen von Kreta erwischte uns zwar nicht, dafür aber eine sehr starke Dünung in der Bucht von Avlemonas. Dank der Ankerkralle musste unsere Ankerwinsch zwar nicht leiden, aber wir, denn wir brauchten meist beide Hände zum Festhalten und rollten in der Nacht in der Koje hin und her. Da konnte auch der schöne Abendhimmel die Stimmung nicht wirklich heben.

Wer will das schon zwei Nächte hintereinander und was macht man bei solch einer Dünung vor Anker am Tag, wenn alles hin und her rutscht? Einen wirklich gut geschützten Platz auf Kythira weiter im Norden gab es auch nicht. Also nochmal 20 Seemeilen nach Norden zur Peloponnes - leider gegenan mit viel Motor.

Schon auf der Passage zwischen Kythira und der Bucht von Neapoli am Peloponnes konnten wir die Regenwand sehen, die genau dahin zog, wo wir hin wollten: in den kleinen Hafen von Paleokastro. Da die Sicht schlecht war und wir uns nicht sicher waren, ob nicht die Fähre, die normalerweise in Neapoli anlegt, bei über 30 Knoten Wind stattdessen nach Paleokastro fährt und dann kein Platz für Boote ist, änderten wir unseren Kurs nach West zur kleinen Insel Elafonisos. Auf dem Weg dorthin erreichte uns die Regenwand doch noch. Patschenass fuhren wir vorsichtig in die schöne Bucht von Sarakiniko (immer noch ohne funktionierenden Tiefenmesser) und ließen den Anker vor dem Strand fallen. 

Bei schönem Wetter hat dieser Ort ein karibisches Flair. Aber an diesem Abend konnten wir gerade noch sehen, wo die wenigen anderen Segler in der Bucht lagen. Ein schönes Abendrot und eine ruhige Nacht gab’s dann zur Belohnung.

In der Sonne am nächsten Tag konnten wir unsere nassen Sachen trocknen und es gemütlich angehen lassen. Alles wieder gut!

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Gestern war nicht nur der 1. Mai, es war auch der erste Tag in diesem Jahr, an dem die Samariá-Schlucht in ganzer Länge für Wandernde frei gegeben war. Wir hatten sie eigentlich gar nicht auf dem Plan, denn wir dachten, so früh im Jahr ist es noch gar nicht möglich, sie zu durchwandern.

Weiterhin liegen wir mit Aglaya im Hafen von Kolimbari, ruhig und sicher. So entscheiden wir uns, an einer von Mystical Crete organisierten Tour teilzunehmen. Passt ja auch: Heraus zum ersten Mai!

14,3 Kilometer ist sie lang, diese beeindruckende Schlucht. 1100 Höhenmeter steigt man hinunter und dann geht’s noch 2 Kilometer bis zum kleinen Hafen von Agia Roumeli. Früh morgens um 6.20 Uhr holt uns der Bus ab. Er fährt erst einmal Richtung Chania, um weitere Schluchtwanderer einzusammeln. Schon die Fahrt hinauf auf die Ebene von Omalos ist beeindruckend. Aber als wir am Einstieg zur Schlucht sind, regnet es kräftig. Wir warten etwas ab und dann laufen wir bei Nieselregen los. Ungefähr drei Kilometer geht`s erst einmal sehr steil hinunter. Die Steine sind vom Regen glatt. Trotz unserer guten Wanderschuhe müssen wir uns sehr konzentrieren, um nicht abzurutschen. 

Immer wieder bleiben wir stehen, um den grandiosen Blick zu genießen: in die hohen Berge der Lefka Ori (die Weißen Berge), elf Gipfel in diesem Gebirgsstock sind über 2000m hoch. Besonders imposant ist der schroffe Gíngios. Wir schauen in die Schlucht hinunter und bewundern die vielen verschiedenen großen alten Bäume.  Unsere Gruppe zerstreut sich, jeder wandert sein eigenes Tempo. Unser Guide Alice folgt im Abstand von einer Stunde, um sicher zu gehen, dass niemand alleine zurück bleibt.

Vor 46 Jahren ist Gisela im Sommer schon einmal mit griechischen Freunden durch die Schlucht gewandert. Damals haben wir in dem verlassenen Ort Samariá übernachtet, da war das ausnahmsweise noch erlaubt. Damals waren wir die einzigen Wanderer. Heute sind mit uns schon am ersten Tag der Saison über hundert Leute unterwegs. Unvorstellbar, wie es dann im Sommer sein wird.

Die Schlucht war früher von Holzfällern und Fischern (vermutlich Nachfahren der Dorer) bewohnt, die hier nach ihren eigenen Gesetzen lebten. 1962 wurde die Schlucht zum Nationalpark. Seitdem ist sie unbesiedelt. Nur einige Rastplätze mit Toiletten befinden sich am Wanderweg.

Der Baumbestand ändert sich, je tiefer wir hinunter kommen. Erst Zypressen und Kiefern, dann mehr und mehr Laubbäume, fast unten dann viel Oleander. Alles ist grün und bunt. Wunderschön! Und auch das Gestein ändert, erst grau, dann immer mehr rot.

Auf einem Teil der Strecke ist das Wasser verschwunden, versickert im kalkhaltigen Gestein. Da lässt es sich gut laufen. Aber dann hören wir es wieder rauschen. Die vielen Querungen des Bachs sind eine Herausforderung für unseren Gleichgewichtssinn.

An der engsten Stelle ist die Schlucht nur drei Meter breit. Da ist natürlich für alle Fototermin. 

Nach fünfeinhalb Stunden sind wir unten angekommen. Unsere Füße und Beine sind müde und wir haben Bierdurst. In Agia Roumeli (das nur per Schiff erreichbar ist) gibt es ein großes Mythos vom Fass, wähend wir auf das Libysche Meer schauen und auf das Boot warten, das uns nach Sougia bringt. Hier wartet unser Bus. Unsere Gruppe ist wieder beisammen. Unser Guide lobt uns (“Wer die Samariá-Schlucht durchwandert hat, ist ein Kreter.”). Wir genießen die Rückfahrt durch die beeindruckende Berglandschaft. Müde und zufrieden steigen wir nach einem langen, anstrengenden und sehr eindrucksvollen Tag auf unser Boot. 

In Kolymbari ganz im Westen der Bucht von Chania direkt neben dem Kloster Gonia haben wir einen guten Platz an der Pier gefunden. Hier soll eine Marina entstehen, aber davon ist noch kaum etwas wahrnehmbar. Ein gut geschützter Platz, aber kein Strom und Wasser an der Pier. Für uns ein guter Platz, um den Westen von Kreta ein bisschen zu erkunden. Niemand fragt, wie lange wir hier mit unserem Boot liegen wollen. Die Einheimischen, mit denen wir ins Gespräch kommen, finden es gut, dass wir auf unserem Boot leben. “Ihr macht es genau richtig. Enjoy!” Diese herzliche Freundlichkeit ist so schön!

Bilder vom Kloster Gonia:

Hier gibt es ja so viel zu sehen: die Berge, die grünen Hügel mit den vielen Olivenbäumen und den Avocado-Plantagen, Schluchten, spektakuläre Küste, beeindruckende Klöster und Chania mit dem schönen venezianischen  Hafen und den touristischen Gassen der Altstadt. Hier hätten wir auch festmachen können. Aber am Hafen in Chania ist es laut, tagsüber Massen von Touristen, nachts feiern hier die Soldaten der griechischen Marine und des südlichsten Nato-Stützpunktes Europas und die Studenten der Uni Chania. Wir besuchen Chania ganz entspannt mit dem Bus und stellen fest, dass es auch schon im April nicht wenige Touristen gibt, hauptsächlich Pauschalreisende aus den Hotels an der Nordküste.

Bilder von Chania:

Und am Abend sind wir wieder auf unserem Boot. Alles ist ruhig, wir blicken in die Sterne und hinüber zum Kloster Gonia. 

Wir wandern bei heftigen Windböen auf die bergige Halbinsel Rodopou, mit einem Leihauto erkunden wir die Westküste von Kreta: die Bucht von Kissamos, Falassarna mit Blick auf Gramvousa, das Kloster Chrisoskalitissa und den karibischen Strand von Elafonisos. Gisela war vor 46 Jahren schon mal hier - mit Bussen und zu Fuß. Damals gab es hier noch nichts. Interessant, was inzwischen alles an touristischer Infrastruktur entstanden ist, zum Glück bisher keine mehrstöckigen Hotelbauten. Aber zurzeit ist noch die Vorsaison. Und trotzdem, obwohl noch kein Badewetter ist, sind schon recht viele Touristen hier. In der Hauptsaison sollen hier täglich 4-5tausend Touristen unterwegs sein. Unvorstellbar für uns. Dafür reicht die Infrastruktur bei Weitem nicht. Auf dem angeschwemmten Flachland vor der steilen schroffen Küste wird großflächig Gemüse angebaut, auch Bananen.

Bilder vom Kloster Chrissoskalitissa:

Bilder von Elafonisos:

Ein zweiter Ausflug mit dem Auto bringt uns zuerst nach Souda, den Fährhafen von Chania. Hier finden wir im Marine Supplies-Shop Drakos, was wir aktuell für unser Boot brauchen. Dann geht’s auf die Halbinsel Agrotiri - am Anfang dicht besiedelt. Hier befindet sich auch der Flughafen und der Nato-Stützpunkt. Aber dann wird es wild und schroff. Wir besuchen das schöne Kloster Agia Triada und fahren auf einer schmalen holperigen Straße zum Kloster Gouverneto. Von hier aus gibt es einen Weg zu einer Höhle, in der ein Eremit gelebt haben soll. Ein Bauer hat ihn erschossen, weil er ihn für einen Bären gehalten hat. Steil geht der Pfad dann hinunter durch eine Schlucht zum verlassenen Kloster Agia Katholiko. Wir laufen nicht ganz bis hinunter, da wir schon etwas spät dran sind. Ein Problem mit der Kühlung unseres Leihautos hatte uns etwas aufgehalten. Aber: spektakulär die wilde Schlucht und der Ausblick aufs Meer. Und beeindruckend das Denkmal für die getöteten griechischen Partisanen gegen die deutsche Besatzung Kretas 1941. Ein großer Stein aus Quarz. Was die Deutsche Wehrmacht hier und an vielen anderen Orten auf Kreta verbrochen hat: Da können wir nur den Kopf senken, still verweilen und uns freuen, dass die Menschen hier immer so freundlich und hilfsbreit zu uns sind.

Bilder von Akrotiri:

Im Hafen von Kolymbari beobachten wir die Vorbereitungen für den Saisonbeginn. Die Ausflugsboote werden fit gemacht. Die Katzen, von denen im Winter ein Teil verhungert ist, warten sehnlichst auf die Gäste in den Tavernas, die ihnen etwas vom Teller unter den Tisch fallen lassen.    Und im Gespräch mit dem Mann vom Diving Center hören wir wieder einmal, dass sich die Wetterbedingungen verändern, unberechenbarer werden. Er hat schon überlegt, ob er sein Boot verkaufen soll.

Ankommen, bleiben und kennenlernen - gut, dass wir Zeit haben!

Weitere Bilder vom Westen Kretas:

Wir hatten immer wieder hin und her überlegt, ob wir nach Kreta segeln sollen. Es ist eine sehr interessante Insel und wir haben Freunde, die dort leben. Von der Peleponnes geht das in zwei langen Etappen. Die Windverhältnisse in Kreta sind anspruchsvoll und die sicheren Häfen und Ankerplätze rar. Hin kommt man meist ganz gut, aber zurück gilt es oft, gegen den vorherrschenden Nordwind, der als Meltemi recht stark auf die Nordseite Kretas bläst, anzukreuzen. “Kreta ist ein Windloch, da fahre ich nicht mit meinem Boot hin, sondern mit der Fähre”, sagte uns ein Bootsnachbar in Astros, der auf seinem Katamaran ganzjährig unterwegs ist. Wir haben es jetzt trotzdem gemacht, uns ein Wetterfenster ausgeguckt.

Vor drei Tagen haben wir die Leinen in Monemvasia losgemacht, Kurs auf das für seine chaotischen Starkwinde berüchtigte Kap Maleas genommen. Da war es eher ruhig, wie auch in der Passage zwischen der Peloponnes und der Insel Kythira. Hier gilt es, auf die Berufsschiffahrt zu achten. Unser Tiefenmesser hat die Nähe zu einem Frachter nicht so gut vertragen und keine korrekte Tiefe mehr angegeben. Beim Versuch eines Resets hat er sich dann ganz verabschiedet. Also weiter ohne Tiefenmesser und verschärftes Navigieren mit Navionics. Da konnte eine leichte Unruhe, vor allem bei der Einfahrt in die Ankerbucht Avlemonas auf der Insel Kythira und beim Ankern nicht ausbleiben. Hat aber gut geklappt und wir hatten in der schönen großen Bucht vor dem langen Sandstrand ganz alleine eine relativ ruhige Nacht. Und ein schönes Morgenrot beim Kaffee vor dem Ankeraufholen.

Auf der nächsten Insel auf dem Weg nach Kreta, auf Antikythira, gibt es keine geschützen Buchten zum Übernachten und der einzige Hafen ist sehr klein. Wenn da die 96 Meter lange Fähre wendet, gibt es viel Schwell. Muss nicht sein. Wir entschlossen uns also für den langen Schlag von 56 Seemeilen direkt nach Kreta in die Bucht von Chania. Nach dem schönen Morgenrot dann bewölkter Himmel, kalter Wind mal aus Ost, dann aus West, dann zu wenig zum Segeln. Und auf dem Meer um uns herum kein anderes Schiff oder Boot in Sicht. Ein Gefühl wie am Ende der Welt, hätten wir nicht die schneebedeckten hohen Berge von Kreta bald vor Augen und wüssten: Da wollen wir hin.

Unseren Zielhafen Kolimvari (ganz im Westen in der Bucht von Chania) erreichten wir dann ganz entspannt auch ohne unseren Tiefenmesser. Ursprünglich ein reiner Fischerhafen, wird hier seit einiger Zeit - auch mit EU-Geldern - gebaut. Eine Marina soll entstehen. Davon ist noch nicht viel zu sehen. Kein Wasser und Strom, dafür aber viel Platz. Wir sind das einzige Gastboot. Also Leinen raus und festgemacht. Kreta begrüßt uns mit Wolken und Regen. Kalispera Kriti!

Astros hat uns wieder gut gefallen, aber dann haben wir doch am 11. April die Leinen los gemacht, obwohl der Wind weiterhin aus südlichen Richtungen weht. Wir wollen entlang der Küste 30 Seemmeilen in die Bucht von Kiparissi. Ein Drittel der Strecke können wir tatsächlich schön segeln. Dann doch wieder der Motor. Dieses Mal ankern wir auf der Nordseite der von hohen Bergen umgebenen Bucht. An der kleinen Pier im Ort, an der wir schon zweimal in den letzten Jahren gelegen hatten, vermuten wir Schwell. Gute Wahl! Wir haben in dieser wunderschönen Szenerie einen schönen Abend und eine ruhige Nacht verbracht.

Am nächsten Tag geht’s weiter 13 Seemeilen, hinein in den Golf von Gerakas, den wir von Norden kommend viel besser erkennen können als bei unserem Besuch im letzten Jahr, als wir uns von Süden näherten. Mit zwei anderen Booten liegen wir vor Buganker mit dem Heck zur Pier. Alles schön ruhig. Aber am Nachmittag bläst der Wind plötzlich mit Böen von knapp 40 Knoten aus dem Tal auf unsere Boote. Beim Nachbarboot rutscht der Anker. Wir liegen fest, aber alle bringen lange Springs aus, um ihre Boote zu sicheren. Am Abend ist’s vorbei mit den Böen.

Am nächsten Vormittag geht’s weiter. Ziel Monemvasia. Aber zuerst haben wir etwas Stress, weil unsere Ankerwinsch nicht arbeitet. 60 Meter Kette per Hand einholen. Oh je! Aber zum Glück klappt es dann doch elektrisch. Am nächsten Tag reinigen wir dann die Kontakte in dem archaischen System, das unser Boot hat, und träumen von einer über Bluetooth betriebenen Fernbedienung. Aber: alles wieder gut, nachdem wir in Monemvasia in den Ankerkasten gekrochen sind.

Monemvasia! Hier waren wir letztes Jahr auch im April, haben einen Sturm mit gefährlichen Brechern in Hafen erlebt. Und letztes Jahr im Oktober war es der erste Hafen auf der Peloponnes, den wir auf dem Rückweg von der Ägäis angelaufen haben.

Der Bagger liegt noch im Hafen, es wurden Betonteile für die neue Marina gegossen. Aber es wird wohl noch zwei Jahre dauern, bis alles fertig ist. Die Flutlichtanlage auf der Pier steht allerdings schon. Die hätten wir nicht gebraucht. Wir gucken lieber in die Sterne. Nur wenige Segelboote machen hier in diesen Tagen fest. Dafür sind aber viele Wohnmobile da. Wie wird das wohl im Sommer sein? Es gibt noch gar keine Infrastruktur für diese Art von Massentourismus. Wäre aber eine gute Einnahmequelle für die Kommune.

Das griechische Osterfest (eine Woche später als zu Hause) haben wir hier erlebt. Griechisch-orthodox, das höchste Fest im Jahreskalender.  Vor allem aber auch ein Fest der Familien, die mit Freunden und Nachbarn feiern. Gottesdienst, Prozession, um Mitternacht zum Ostersonntag gehen die Kirchen auf, alle zünden ihre Osterkerze an, grüßen sich und wünschen sich schöne Ostern. Große Luftballons mit Kerzen innendrin steigen in die Luft und werden vom Wind aufs Meer hinaus getrieben. Und dann wird gefeiert und gegessen, denn vorher war ja Fastenzeit: nachts noch das Ragout aus den Eingeweiden vom Lamm, rot gefärbte Ostereier werden gedischt, Osterkuchen, und am Ostersonntag gibt‘s Lamm vom Spieß. So haben wir es in Monemvasia erlebt. Schön und beeindruckend, vor allem auch das gesellige Zusammensein von Familien und Freunden. 

Jetzt ist Ostern vorbei. Wir sind hier wieder schön durch das Blüten- und Felsenmeer gewandert. Nun schauen wir nach Süden zum Kap Maleas. Daran vorbei wollen wir bei günstigem Wind über Kythira und Anti-Kythira nach Kreta segeln.