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Inzwischen sind wir von Agia Marina auf der Insel Ägina ein ganzes Stück weiter nach Norden gekommen. Auf der Kykladeninsel Kea haben wir in der Bucht von Voukari schön geankert und konnten, nachdem Walter an unserem Ankerblock etwas neu verschraubt hatte, die schöne Landschaft um uns herum genießen und uns an den schlafenden Löwen oben am Berg erinnern, den wir vor drei Jahren besucht hatten. 

Ein sehr starker Südwind wurde vorhergesagt. Da wollten wir an einen sicheren Platz. Also Kurs Nord zur Südseite der Insel Eböa. Im Hafen von Karistos lagen wir zwar sicher, aber der Sturm aus Süd war so stark, dass wir einen Tag lang unser Boot an der Pier bewacht haben, genauso wie die anderen Segler, die sich in den Hafen geflüchtet hatten. Große Brecher kamen über den Breakwater und der Wind brachte viel Sahara-Staub mit. Ein bisschen Weltuntergangsstimmung.

Am nächsten Tag wieder Sonne pur. So machten wir uns im Golf von Euböa zwischen dem Festland und der Insel wieder auf den Weg nach Norden, leider erst mit Motor. Dann aber kam schöner Segelwind und wir kamen bis kurz vor der Bufalo Bay gut voran. Die kleine, gut geschützte Bucht war schon voll mit Ankerliegern, aber wir fanden noch einen Platz direkt vor den Tavernen hinter der Sandbank. Wieder eine ruhige Nacht mitten in der Idylle.

Noch einen Tag bleiben oder weiter segeln? Gisela konnte sich zuerst nicht entscheiden, aber dann brachen wir doch auf zur Meerenge in Chalkis. Eigentlich wollten wir dort südlich der Brücke in den Yachthafen, aber man sagte uns, es gäbe keinen Platz. So entschlossen wir uns, schon in der kommenden Nacht die Brücke nach Norden zu passieren. Die Anmeldung per E-Mail funktionierte gut. So mussten wir nicht - wie bei unserer ersten Passage - an der sehr hohen Pier anlegen und im Hafenbüro bezahlen. Beim letzten Mal mussten wir bis halb drei Uhr warten, bis Stillwasser war und die Brücke öffnete. Dieses Mal konnten wir schon um halb zwölf durchfahren. Mit der Strömung ging das ganz flott, war aber nicht ganz einfach zu steuern. In der großen Bucht nördlich der Stadt konnten wir dann vor Anker ruhig schlafen.

Im Fischerhafen von Nea Artaki (drei Seemeilen nördlich von Chalkis) liegen wir nun den dritten Tag - zum Ausruhen, aber auch, um unser Boot vom Saharastaub zu befreien und unter Deck mal gründlich zu putzen. Und: Wir stellten ein Problem mit der Stromversorgung von Land fest. Die Ursache war mit Hilfe eines sehr netten Elektrikers schnell gefunden: Der Heizstab im Heißwasserboiler war fast komplett mit Kalk zugesetzt. Wenn wir den Boiler anmachten, flog bei uns die Hauptsicherung raus und auch an Land in der Stromsäule. Wir hatten mal wieder Glück: Der Elektriker war spezialisiert auf den Typ unseres Boilers und hatte den passenden Heizstab gleich im Auto dabei. Problem gelöst, und gleich danach mal mit warmem Wasser Haare gewaschen. Das war schon länger fällig gewesen.

Der Ort Nea Artaki, nicht weit vom höchsten Berg Euböas, wurde 1923 von griechischen Flüchtlingen, den Pontos-Griechen, gegründet. Sie waren damals, als Atatürk (der selbst aus Thessaloniki stammte!) an die Macht kam und sich der Staat Türkei bildete, vertrieben worden. Der 19. Mai ist für die Pontos-Griechen ein Feiertag. Wir konnten beobachten, wie sich an der kleinen Kirche am Hafen von Nea Artaki am Abend viele Menschen versammelten und eine Messe gefeiert wurde. Die Idee, einen „ethnisch reinen“ Staat zu errichten, ist so grausam und absurd! Aber wie wir wissen, gab es diese schrecklichen Versuche, die so viel Leid verursachen, immer wieder in der Geschichte und es gibt sie ganz aktuell auch heute.

Es gibt nichts, was es nicht gibt, wenn wir mit unserer Aglaya unterwegs sind. Als wir in Agia Marina auf der Insel Ägina mit dem Heck zur Pier anlegen wollen und dazu die Ankerkette rauslaufen ließen, kam plötzlich keine Kette mehr. So sind wir kurz vor der Pier „verhungert“ und konnten nicht an Land. Was war da los? Wir haben doch 100 Meter Ankerkette und die war noch längst nicht draußen. Erst einmal gecheckt, ob die Sicherung der Ankerwinsch rausgesprungen war. War nicht. Dann am Ankerblock geschaut, ob was dort nicht stimmt. Alles OK. Da blieb nur noch eins: die Ankerkette muss sich im Ankerkasten verkneult und blockiert haben. Da der Ankerkasten auf unserem Boot nicht von Deck aus geöffnet werden kann, sondern unten im Vorschiff, mussten wir dort nachschauen. Wir kennen den Ankerkasten gut, da wir ihn nach jeder Saison sauber machen. Erst einmal alles aus dem Vorschiff heraus räumen, was dort verstaut ist, dann über unsere Klappfahrräder nach vorne kriechen, Türe öffnen. Das Licht im Ankerkasten geht an. Sehr komfortabel. Und siehe da: Mittendrin hing ein dicker Knoten, eine große Wuling, wie man auch sagen kann. Leider haben wir kein Foto davon gemacht, denn: Problem erkannt, aber noch nicht behoben. Wie bekommen wir das Knäuel entwirrt? Wir haben es geschafft, aber es war ein Kraftakt und was fürs Köpfchen. Interdisziplinäre Kompetenz war gefragt. Giselas Erfahrung beim Entwirren von Wollknäueln beim Stricken war da sehr hilfreich. Und was sagt unsere Ankerkette dazu? Sie spannt sich schön im Wasser und hält unseren Anker. Der Rest liegt wieder ordentlich im Kasten. Es gibt hoffentlich keinen Klabautermann da vorne, der Spaß daran hat, unsere Kette wieder zu verknoten.

Nach drei Tagen ließ der starke Ostwind nach. Wir verabschiedeten uns von der schönen Oxia-Bucht und liefen am Nachmittag in die Marina Messolonghi ein. Ein schönes Wiedersehen - mit Mimi und seiner Crew in der Marina-Bar, mit unseren deutschen Freunden, die dabei waren, ihre Boote an Land fit für die Saison zu machen und mit Berlusconi, der neun Jahre alten Marinakatze.

Zwei Ausflüge mit unseren Fahrrädern nach Tourlida haben wir gemacht: Es ist wunderschön, durch diese tolle Lagunenlandschaft zu radeln. Und was war noch? Walter hatte Geburtstag! Den haben wir natürlich schön gefeiert. 

Eigentlich wollten wir uns in Messolonghi einen neuen Kompressor für den Kühlschrank einbauen lassen, weil der unserer Meinung nach zu viel Strom verbraucht und der Thermostat nicht immer zuverlässig funktioniert. Da haben wir wieder einmal eine gute Erfahrung mit griechischen Handwerkern gemacht. Sie haben alles durchgecheckt und festgestellt, dass der Kompressor zu wenig Stickstoff hat. Nachgefüllt und geprüft, ob alles wieder normal funktioniert, fertig. Und statt 500 bis 600 Euro für einen neuen Kompressor samt Einbau waren es 50 Euro Arbeitslohn.

Die letzte Nacht in Messolonghi haben wir im Stadthafen gelegen, auch kein schlechter Platz. Unsere nächste Station: die kleine Insel Trizonia, gut 30 Seemeilen östlich. Hier waren wir vor fünf Jahren schon mal. Es wird dort zwar gebaut, aber viel hat sich nicht verändert. Einfach idyllisch und ruhig (ohne Autos), zumindest in der Vorsaison.

Galaxidy an der Festlandsküste war unser nächster Ankerstopp. Sehr malerisch. Und mit Blick auf Delphi und den hohen Parnassos, auf dem noch Schneefelder zu sehen waren. Hier haben wir uns online für die Passage durch den Kanal von Korinth angemeldet und auch gleich online bezahlt. So brauchten wir dort zum Bezahlen nicht mehr anzulegen. Ging alles ganz problemlos, aber ein teures Vergnügen ist es schon: Für unsere Boot hat die Passage 207 Euro gekostet.

Der Hafen von Kiato an der Nordküste des Peloponnes war dann unser Ausgangspunkt für die Passage durch den Kanal. Der Ort Kiato hat keine besonderen Sehenswürdigkeiten, ist aber ein beliebter Urlaubsort der Griechen, da es schöne Strände gibt.

Am 9. Mai haben wir dann den Kanal passiert, wieder ein besonderes Erlebnis, so wie schon 2020. Da kamen wir von Osten.

Dieses Mal mussten wir eineinhalb Stunden vor der Einfahrt warten, da erst der Gegenverkehr durchfuhr. Aber dann konnten wir passieren und in den Saronischen Golf einfahren. Hier liegen große Schiffe auf Reede und der Geruch aus den Raffinerien am Festland weht einem um die Nase. Also schnell weiter, ein Stück nach Südosten entlang der Ostküste des Peloponnes. Nun liegen wir in der wunderschönen Bucht von Korfous vor Anker. 

Wir haben die liebliche Landschaft Epirus verlassen und sind nach Süden gefahren – jetzt sind wir in Aitolo-Arkanien, einer Landschaft mit ganz eigenem herbem Charme.

 Unsere Vliho-Bay haben wir hinter uns gelassen und mit ihr Rabitt, unseren Allround-Mechaniker und Techniker, und unsere britische Stammkneipe Vliho Yacht Club und sind nach Süden gefahren, vorbei an den Inseln Lefkas, Meganisi, Kalamos, Kastos und vielen kleinen. Jetzt liegen wir in der Mündung des Flusses Acheloos an einer Ankerboje. Mit fantastischem Rundumblick auf diese eigenartige Landschaft: Gegenüber der 460 m hoch aufragende schroffe Berg der Insel Oxia, auf der anderen Seite die weite halbkreisförmige Flussmündung, ein Delta, das sich weit ins Meer erstreckt, sehr flach, sehr viele Untiefen, Sandbänke, die der Fluss immer wieder verschiebt. Alles grün, Bäume und Büsche, hellgrün bis türkis das flache Wasser, wir liegen auf 3 m Wassertiefe. Und am Horizont Ithaka, Atokos, Kefallonia und Zakynthos, ein tolles Panorama.

 Der Acheloos und der Evinos, weiter östlich gelegen, sind die Flüsse, die die sehr fruchtbare Ebene bewässern: das größte Olivenanbaugebiet Griechenlands, Orangen, Zitronen, Wein, Gemüse – alles wird hier angebaut.  Es ist eine flache Landschaft mit weiten Lagunen, in denen Pelikane und Flamingos leben, es werden Aale gefangen und es wird Boutarga gemacht, eine Paste aus Fischrogen, sehr salzig. Und es wird natürlich in riesigen Verdunstungs-Becken Salz abgebaut, das Messolonghi-Salz ist über die Grenzen hinaus für seine Qualität berühmt. 

 Äußerst bescheidene Hütten, meist aus Wellblech und Holz, stehen direkt am Wasser, die Fischer und wenige Schaf- und Ziegenhirten sind sehr arm. Früher wurde auch Baumwolle angebaut, der Weltmarkt ist darüber hinweggegangen. 

 Die Lagunen-Ebene wird von steil aufragenden Felsen begrenzt, durch die Flüsse Schluchten mit teils senkrechten Wänden gegraben haben, eindrucksvoll. 

 Ein paar Tage bleiben wir hier an diesem schönen Platz - auch deswegen, weil ein starker Ostwind bläst. Da wollen wir nicht nach Osten gegenan, obwohl unser nächstes Ziel sozusagen um die Ecke liegt: Messolonghi, wo unser Leben mit Aglaya begann und wir Freunde treffen werden. Da sind wir dann schon im Golf von Patras.

Nein, wir sind nicht angeschlagen vom Winter in Deutschland. Wir freuen uns auf die kommende Segelzeit an Bord. Seit ein paar Tagen schaukeln wir schon wieder mit Aglaya, sind aber von Lefkas noch nicht losgesegelt. Aglaya will erst gewartet und gepflegt werden, wie sich das für eine Lady in den besten Jahren gehört. Neues Antifouling auf das Unterwasserschiff, Schraube poliert, undichte Luke repariert, den Dreck vom Winter von Deck geschrubbt, Metall- und GFK-Pflege. Ist schon alles erledigt. Heute haben wir alle vier Segel angeschlagen und aufgetucht. Wenn Aglaya Füße hätte, würde sie jetzt schon damit scharren. Aber es fehlt noch die Wartung des Motors und ein paar kleine Reparaturen stehen noch an. 

Jetzt ist erst einmal Ostern, dieses mal bei uns zu Hause und in Griechenland zur gleichen Zeit. Gelegenheit für einen Osterspaziergang und ein leckeres Lamm-Gericht (Stifado) vom Chef de la Bordküche höchst persönlich zubereitet.

Und wo soll es hingehen in dieser Saison? Zunächst nach Süden, raus aus dem Ionischen Meer in den Golf von Patras. Dort biegen wir dann für ein paar Tage ab nach Messolonghi. Müssen mal wieder Freunde dort treffen und schauen, was sich in der Marina tut. Weiter geht‘s dann nach Osten durch den Golf von Korinth und den Kanal und von dort aus nach Nordosten. Ende Juni wollen wir in Thessaloniki sein. Wir sind gespannt und freuen uns auf‘s Lossegeln!

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Im vergangenen Jahr sind wir ausschließlich im Ionischen Meer gesegelt - einem wunderschönen Revier. Viele Bilder von unterwegs erinnern uns daran und machen Lust auf die kommende Segelsaison.

Hier eine Auswahl in drei Videos:
Video 1 (20 min.)
Video 2 (13 min.)
Video 3 (13.min.)